„Nach diesem Spiel gibt es aus meiner Sicht eigentlich nur zwei Möglichkeiten, um die Situation hier wieder irgendwie zu verändern: entweder man schmeißt ein paar Spieler raus, oder man schmeißt den Trainer raus." Soweit die Worte von Waldkraiburgs Eishockey-Trainer Mitch Pohl auf der Pressekonferenz nach dem Freitagsspiel. Der 42-Jährige, der für den SB Rosenheim jahrelang als Profi auf dem Eis stand, hatte in den 60 Spielminuten zuvor eine desolate Leistung vom Großteil seiner Mannschaft gesehen, die sich im Lokalderby der Abstiegsgruppe B den „Eispiraten vom ESC Dorfen mit 3:6 ergeben hatte. „So, wie sich einige da draußen präsentieren, mit wie wenig Leidenschaft, Verantwortung und Herzblut sie das Trikot spazieren fahren, da kommt mir ehrlich gesagt das kotzen" so Pohl weiter.
Einen einzigen Spieler nahm er von der Kollektivschelte aber ausdrücklich aus, nämlich Stefan Rohm, der trotz schwerer Verletzung aufgelaufen war: „wenn man sich ansieht, wie der Stefan heute da draußen, mit zwei gebrochenen (!) Fingern gewerkt hat, da könnten sich einige eine Scheibe abschneiden. Das ist noch echter Kampfgeist- doch leider Gottes, ist der bei einigen scheinbar nicht mehr vorhanden." Nach 80 Sekunden brachte Markus Schütz die „Löwen" zwar in Front, der ESC Dorfen brauchte aber nur 17 Minuten, um das Spiel anschließend für sich zu entscheiden: Ex-„Löwe" Andreas Attenberger, Thomas Mittermeier, Dominic Koß, Andreas Koller und Patrice Dlugos, letzterer sogar in Dorfener Unterzahl, machten kurzen Prozess mit dem EHC Waldkraiburg und gingen, so muss man es sagen, verdient mit einer 5:1-Führung in die erste Pause. Damit war, wie auch Pohl zustimmte, das Spiel bereits entschieden. Lässt man die beiden Vorbereitungsspiele Anfang Oktober beiseite, standen sich der EHC und die „Eispiraten" am Freitag zum bereits dritten Mal in dieser Saison gegenüber. Das Hinspiel in Dorfen gewannen die „Löwen" souverän mit 8:0, im Rückspiel waren die Industriestädter mit 4:2 erfolgreich. Doch gerade jetzt, in der Abstiegsrunde, in der jeder Punkt benötigt wird, um den für den Verein so wichtigen Klassenerhalt zu schaffen, versagten dem EHC Waldkraiburg offenbar die Nerven. Gut, was wäre gewesen, hätten Martin Führmann, Jürgen Lederer und Daniel Hämmerle nicht verletzt pausieren müssen? Was wäre gewesen, wenn nach dem zwischenzeitlichen 2:5-Anschluss, ausgerechnet durch den verletzten Stefan Rohm gleich das mögliche 3:5 gefallen? Könnten die „Löwen" doch noch jubeln? Hätte, wäre, könnte. Der Konjunktiv ist und bleibt nun mal leider die Sprache der Verlierer. Die Sprache der Gewinner, die sprach nach dem Spiel Dorfens glücklicher Trainer Jan Smolko: „wir sind sehr zufrieden, dass wir von den drei Spielen, die wir heuer gegen Waldkraiburg gespielt haben, das wichtigste gewonnen haben." Statt dem 3:5-Anschluss für die „Löwen", fiel nämlich das 2:6 durch Andreas Attenberger, knapp sieben Spielminuten vor Schluss erzielte Eric Dylla in doppelter Überzahl das letzte Tor zum 3:6-Endstand. Ein mikriges Tor konnte der EHC Waldkraiburg im Schlussdrittel also nur erzielen, ein Tor in 20 Spielminuten. 20 Spielminuten, in denen die „Löwen" über die Hälfte der Zeit mindestens einen Mann mehr auf dem Eis hatten. In Überzahl gelang nur dieser eine Treffer, alle anderen „Power-Plays" verliefen ohne Erfolg. Drei Pleiten in Folge haben die „Löwen" vom EHC damit in den letzten Spielen jetzt einstecken müssen; da lag auf der Pressekonferenz nach dem Spiel die Frage nahe, ob die Mannschaft möglicherweise gegen das schwächste Glied im Mannschaftssport, den Trainer, spiele: wenn das so wäre, dann hätte die Mannschaft nicht so ein tolles Eishockey wie in Bayreuth gespielt" entgegnete Pohl entschlossen auf die Frage. In Bayreuth, das am Freitag das stärkste Team der Saison, den VER Selb, mit 4:3 nach Penalty-Schießen bezwang, hatte der EHC nach großem Kampf noch mit 4:3 gewonnen. Es scheint also ein kleines Rätsel zu sein, warum der EHC in der laufenden Spielzeit so „divenhaft" und unkonstant auftritt. Die Lösung darauf will Mitch Pohl schnellstmöglich finden, er will weitermachen: „ ich höre nicht auf, aufgeben gibt es bei mir nicht! Wenn man 15 Jahre hochklassig gespielt hat, kommt man zwangsläufig in Situationen, in denen man alles hinschmeißen möchte. Aber da muss man wieder aufstehen. Im Leben muss man immer einmal mehr aufstehen, als es einen hinschmeißt." Die Launnen ablegen, das zweifelsfrei vorhandene Potential abrufen und wieder aufstehen- das sollten die „Löwen" jetzt möglichst zeitnah tun, denn die Gefahr des Abstiegs besteht mit einer Leistung wie gegen den ESC Dorfen in jedem Fall.
Statistik: EHC Waldkraiburg : ESC Dorfen 3:6 (1:5/1:1/1:0) Tore: 1:0 01:20 Schütz M. (Dylla E., Schrödinger A.) 1:1 02:43 Attenberger A. (Koller A.) 1:2 11:02 Mittermeier Th. 1:3 11:25 Koß D. (Gerbl D., Mittermeier Th.) 1:4 13:01 Koller A. (Koß D., Mitternacht Ch.) 1:5 18:19 Dlugos P. (Koller A.) 2:5 37:58 Rohm St. (Schütz M., Loboda J.) 2:6 39:34 Attenberger A. (Aigelsdorfer S., Koller A.) Strafen: EHC Waldkraiburg: 8 Strafminuten ESC Dorfen: 28 Strafminuten |